18.08.1997 - Spitaltaxen Zürich und Genf

Bundesrat entscheidet im Sinne des Preisüberwachers Der Bundesrat hat in den Beschwerden der Krankenkassenverbände von Zürich und Genf zu den Spitaltaxen 1996 für grundversicherte Kantonseinwohner entschieden. Er ist dabei in allen wesentlichen Punkten der Auffassung des Preisüberwachers gefolgt. Die Entscheide betreffen die Tagestaxen von 29 Spitälern im Kanton Zürich, darunter das Universitätsspital (USZ), sowie von 5 Universitätskliniken im Kanton Genf. Sie haben Signalwirkung für die zukünftige Festsetzung von Spitalpauschalen.

Die vom Regierungsrat des Kantons Zürich für 1996 beschlossenen Taxen lagen zum Teil deutlich über den 1995 gültigen Tarifen. So wurde z.B. die Taxe des USZ regierungsrätlich von Fr. 407.- (Tagespauschale 1995) auf Fr. 515.- angehoben, was einem Aufschlag von 26.5% entspricht. Der Preisüberwacher hat im Rahmen einer Beschwerde der Krankenkassen die Tagestaxen aller 29 Spitäler neu berechnet. Gestützt darauf hat der Bundesrat nun die Taxen aller 29 Spitäler neu festgesetzt: Im Fall des USZ beträgt die Taxe jetzt Fr. 450.- (+ 10.5%). Die Taxe des Kinderspitals wurde von Fr. 314.- auf Fr. 323.- statt Fr. 398.- angehoben (+2.8% statt +26.7%). Bei den 2 Zentral- und 6 Schwerpunktspitälern, den übrigen 13 Akutspitälern, der Klinik Wilhelm Schulthess sowie dem Orthopädischen Unispital Balgrist kam es gegenüber 1995 zu keiner Erhöhung. Schliesslich wurden für die beiden Höhenkliniken, das Paraplegikerzentrum Balgrist und die Drogenklinik Sonnenbühl die vom Regierungsrat neu verfügten Pauschalen für richtig befunden. Sie liegen allesamt unter den Taxen des Jahres 1995.

Auch für die 5 Unispitäler im Kanton Genf hat der Preisüberwacher im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens Stellung bezogen. Er hat dabei nur durchschnittlich 2/3 der vom Staatsrat Genf für 1996 beschlossenen Tarifanpassungen akzeptiert. Der Bundesrat ist in seinem Entscheid den Empfehlungen des Preisüberwachers vollumfänglich gefolgt: Für das Unispital (HCU) wurde die Taxe von Fr. 287.- auf Fr. 349.- angehoben. Damit liegt der durch die Krankenkassen zu tragende Kostenanteil immer noch deutlich unter 50%. Auch bleibt das HCU immer noch gut 100 Franken günstiger als das USZ. Die Pauschalen der Geriatrieklinik Belle-Idée wurden gegenüber 1995 nicht erhöht. Für die Psychiatrieklinik Belle-Idée, das Spital Loëx und das Alkoholzentrum Petit-Beaulieu wurden Erhöhungen zwischen 9 und 12% zugestanden.

In der Begründung seiner Beschwerdeentscheide zu den Spitälern Zürich und Genf hat der Bundesrat auch zu Grundsatzfragen Stellung genommen und dabei die Auffassung der Preisüberwachung bestätigt:

  • Der Bundesrat stützt die Anhörungspflicht des Preisüberwachers durch preisfestsetzende Behörden: Eine zu Unrecht unterlassene Konsultation des Preisüberwachers stellt eine Verletzung von Bundesrecht dar.

  • Tariferhöhungen müssen für die Versicherten wirtschaftlich tragbar bleiben. Deshalb gilt für Spitäler, bei denen die Krankenkassen heute noch bedeutend weniger als 50% der anrechenbaren Kosten übernehmen, der Grundsatz, dass die Pauschalen nicht in einem Schritt auf 50% angehoben werden dürfen.

  • Spitaltarife müssen in der Übergangszeit bis zur Bereitstellung der gesetzlich geforderten Kostentransparenz (Art. 49, Abs. 6 KVG) differenziert beurteilt werden. Mangelnde Kostentransparenz ist für sich kein ausreichendes Argument, um Tariferhöhungen zum vornherein abzulehnen: Je höher die durch die Spitäler ausgewiesene Kostentransparenz ist, desto höher darf die von den Krankenkassen zu übernehmende Deckungsquote festgelegt werden. Nur bei voller Kostentransparenz dürfen den Krankenkassen 50% der anrechenbaren Betriebskosten verrechnet werden. Im Falle von Zürich war die Transparenz bereits recht gut, weshalb der Bundesrat auf Antrag des Preisüberwachers von einer Deckungsquote von 46% ausgegangen ist.

  • Der Bundesrat hat auch die Praxis der Preisüberwachung bestätigt, wonach Akutspitäler erst als genügend ausgelastet gelten, wenn die Bettenbelegung 85% (Spitäler mit Notfallstation), respektive 90% (Spitäler ohne Notfall-station) erreicht. Zudem sind die Kosten für Lehre und Forschung stets auszuscheiden.

  • Solange die Spitäler die Kosten der verschiedenen Abteilungen nicht ausweisen können, gilt der Grundsatz, dass allgemeinversicherte Personen mindestens 2% weniger Kosten verursachen als halbprivat oder privat versicherte Patienten. Die Tagespauschalen sind entsprechend tiefer anzusetzen.

  • In Zukunft ist von der Festsetzung von Gruppentaxen (gleiche Tagestaxen für mehrere Spitäler) in der Regel abzusehen.

Der Preisüberwacher erwartet von den Tarifpartnern sowie den tariffestsetzenden oder -genehmigenden Behörden, dass sie künftig den oben dargestellten Bundesratsentscheiden Rechnung tragen. Insbesondere gilt es jetzt, die erforderlichen Massnahmen zur Verbesserung der Kostentransparenz sowie der Spitalauslastung umgehend an die Hand zu nehmen.

Bern, 18.8.1997

Werner Marti, Preisüberwacher

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