04.09.1997 - Privat und Halbprivatabteilungen der Spitäler

Der Preisüberwacher stellt die Vergütung der Einzelleistungen in Frage Der Preisüberwacher hat bei der Vergütung von Einzelleistungen beim Aufenthalt in den Privat- oder Halbprivatabteilungen von Spitälern Hinweise für Missbräuche festgestellt. Die Vergütungen dieser Leistungen basieren auf den Tarifen für ambulante Behandlungen, welche im Prinzip bereits die Kosten decken. Dazu werden häufig noch bedeutende Zuschläge für zusatzversicherte Patienten erhoben.

Im Unterschied zur Allgemeinen Abteilung werden den Privatpatientinnen und Privatpatienten die Leistungen der Spitäler anlässlich einer stationären Behandlung in der Regel einzelverrechnet. Zu den üblichen Tagespauschalen für den Hotelteil und die Pflege werden insbesondere die Aerztehonorare, alle ärztlichen Leistungen, die Physiotherapie, die Ergotherapie, die Laboranalysen, die Medikamente usw. einzeln in Rechnung gestellt. Die Preisüberwachung hat bei den kantonalen Verbänden der Krankenversicherer eine Umfrage zu den Preisen durchgeführt, die den Privatpatienten für diese Einzelleistungen verlangt werden.

  • Die Vergütungen für private und halbprivate Behandlungen in den Spitälern variieren von einem Spital zum anderen und von Kanton zu Kanton sowohl hinsichtlich des Systems wie der Höhe der Preise. Das Tarifwesen ist deshalb ausgesprochen kompliziert und wenig transparent;
  • Die Aerztehonorare und die übrigen Leistungen, die zusätzlich zur Tagestaxe verrechnet werden, basieren grundsätzlich auf den Aerztetarifen, dem Spitalleistungskatalog (SLK) und auf der Eidg. Analysenliste;
  • Obwohl diese Tarife im allgemeinen bereits kostendeckend sind, werden zwischen den Leistungserbringern und den Versicherern Zuschläge vereinbart bzw. von kantonalen Behörden oder Spitälern festgelegt. Im Kanton Zug beispielsweise ist eine Laboranalyse in einer Privatabteilung eines Spitals 120 Prozent teurer als bei ambulanter Behandlung. Im Kanton Freiburg beträgt die Differenz sogar 200 Prozent. Damit sind Hinweise für Preismissbrauch gegeben;
  • Dieses Vergütungssystem bietet Anreize zur Mengenausdehnung der erbrachten Spitalleistungen;
  • Da sich die Tarife auf die Versicherungsprämien niederschlagen, haben die Privat- und Halbprivatversicherten die Tendenz, sich nur noch allgemein zu versichern. Dies ist kontraproduktiv. So führt eine geringere Anzahl von Privat- und Halbprivatpatienten dazu, dass die Spitaldefizite, welche von den Kantonen getragen werden müssen, ansteigen. Dadurch steigt zusätzlich der Druck auf die Tarife der Allgemeinen Abteilung.

Zusammenfassend hält der Preisüberwacher Folgendes fest:

  • Die Einzelleistungsvergütung ist problematisch. Sie begünstigt die Mengenausdehnung, die ein wesentlicher Faktor der Kostenexplosion im Gesundheitswesen darstellt;
  • Die Vergütungen basieren häufig auf Tarifen, die im allgemeinen bereits kostendeckend sind. Zuschläge lassen deshalb einen Preismissbrauch vermuten;
  • Wenn Leistungen einzeln vergütet werden, so dürfen die entsprechenden Preise jedenfalls nicht über einem Tarif liegen, der die Kosten bereits deckt.

Mit dem Ziel, dass die festgestellten Missstände beseitigt werden, wird der Preisüberwacher auf dieser Basis mit den betroffenen Kreisen das Gespräch aufnehmen.

Bern, 4.9.1997

Werner Marti, Preisüberwacher

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